Mehr als 60 Jugendliche in der Bayernkaserne im Hungerstreik

Seit Samstag dem 7. Januar befanden sich über 30 Jugendliche in der Münchner Gemeinschaftsunterkunft „Bayernkaserne“ in der Heidemannstraße im Hungerstreik, um gegen die menschenunwürdige Unterbringung dort und für eine jugendgerechte Behandlung zu demonstrieren.

„Viele Leute in der Bayernkaserne bekommen psychische Probleme. Sie bekommen dann nur eine Tablette, aber die unerträgliche Situation wird nicht geändert. Deswegen sind wir in den Hungerstreik getreten.“ Die Jugendlichen haben eine Liste mit ihren dringendsten Problemen erarbeitet und sich damit zunächst an ihre Betreuer gewandt. Diese konnten ihnen jedoch nicht helfen und verwiesen an die verantwortlichen Stellen bei Regierung und Jugendamt.

Die Jugendlichen fordern deshalb: „Wir möchten, dass die Verantwortlichen zu uns kommen und sich selbst ein Bild von unserer Situation machen. Wir wollen selbst mit ihnen über unsere Probleme sprechen!“

Am Dienstag dem 10. Januar kamen Vertreter der Regierung von Oberbayern, des Jugendamtes, der Vormünder (ein Vormund auf 80 Jugendliche), das Betreuungspersonal der Inneren Mission in die Bayernkaserne, um mit den streikenden Jugendlichen zu sprechen. Die Verhandlungen blieben erfolglos, die Forderungen der Jugendlichen können und wollen nicht im Ansatz erfüllt werden.

Noch am gleichen Abend schlossen sich weitere 30 Jugendlichen dem Hungerstreik an. „Wir werden weiter streiken, bis sie unsere Forderungen ernst nehmen und handeln!“

Spätestens jetzt muss klar sein, dass dringend Handlungsbedarf besteht.

Die Karawane München für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen, Jugendliche ohne Grenzen Bayern, der Münchner Flüchtlingsrat, Nako! Stop Deportation to Afghanistan und der Bundesfachverband Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge e.V. solidarisieren sich mit den Jugendlichen in der Bayernkaserne und unterstützen deren Forderungen.

In der Bayernkaserne, einer ehemaligen Bundeswehrkaserne im Münchner Euro-Industriepark, kann eine jugendgerechte Behandlung der minderjährigen Flüchtlinge in keinster Weise gewährleistet werden. Die Jugendlichen leben unter unerträglichen hygienischen Bedingungen, bekommen Essenspakete mit nicht frischen und auch sonst nicht ausreichenden Lebensmitteln. Zu viert müssen sich die Jugendlichen ein Zimmer teilen. Sie können sich noch nicht einmal aussuchen, wer mit wem in einem Zimmer lebt. Eine Intimsphäre gibt es nicht.

Es gibt sehr wenig Betreuer in der Bayernkaserne. So kommt ein Betreuer auf 10 Jungen. Dementsprechend haben diese wenig Zeit. Wenn Jugendliche in der Nacht oder an einem Wochenende oder Feiertag  Krank werden, müssen sie warten bis ein Betreuer wieder Dienst hat.

Der Transfer in eine Jugendhilfeeinrichtung innerhalb Münchens, der eigentlich innerhalb von drei Monaten vollzogen werden müsste, dauert oftmals bis zu einem Jahr. Die Jugendlichen bekommen auch keine deutlichen Antworten, was mit ihnen passiert und wann ihr Transfer in die Jugendhilfe vollzogen wird. Hier besteht dringender Handlungsbedarf, da das Jugendamt verpflichtet ist, bei Jugendhilfebedarf, einen Platz in der Jugendhilfe in München bereitzustellen.

Die Jugendlichen, die meist eine lange und traumatische Flucht hinter sich haben, (viele kommen aus Afghanistan) finden in der Freundschaft untereinander den einzigen Halt, der ihnen keinesfalls durch eine Umverteilung in ganz Bayern genommen werden darf.

Den Jugendlichen muss eine klare Perspektive geboten werden, statt sie in dem Lager in der Bayernkaserne menschenunwürdig dahinsiechen zu lassen.

Weiterhin problematisieren die Jugendlichen das unzureichende Platzangebot für Deutschkurse, sowie den mangelnden Zugang zu Bildungsangeboten. Sie kämpfen für ihr Recht auf Bildung, konkret ein altersgemäßes und übergangsloses Angebot von Deutschkursen und den Besuch von normalen Schulen.

Hinzu kommen viele weitere Probleme, wie zu wenig Vormünder, die schlechten Lebensbedingungen in der Bayernkaserne und natürlich auch der unsichere Aufenthaltstatus. Vor allem fordern die Jugendlichen einen respektvollen Umgang der Behörden mit ihnen.

PM Hungerstreik in der Bayern Kaserne vom 11.01.2012

Forderungen der Jugendlichen

Kleine Ergänzung: Unter dem Titel «Living in Bayernkaserne» haben die Jugendlichen schon im Mai letzten Jahres in englischer Sprache über den Horror in der Münchener Massenunterkunft berichtet. Ein erschütterndes Dokument des unmenschlichen Umgangs mit Flüchtlingen in diesem Land! Auszug: «This place is a former military casern. Also the securities in and around the camp reflect our memories (of being unfree, of being prisoners), even though they are there to protect us, for our safeness… but still, there is a lot of atrocity (violence) going on in the house … Regularly, police comes in the morning ( like 5 am) to rate our rooms for no reason. They wake us up, scream at us, search everything and everyone … » (Quelle: http://bayern.jogspace.net/2011/05/29/living-in-bayern-kaserne/)

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